Die Haller Liberalen können dem städtischen Haushalt für 2017 in der vorliegenden Fassung nicht zustimmen. Für die FDP ist ein Haushalt, der bei einem Gesamtvolumen von EUR 73,3 Mio. und einem historisch hohen Defizit von rd. EUR 21 Mio. allein auf Steuererhöhungen zur Verbesserung der Finanzsituation setzt, nicht akzeptabel. Auch die erstmals eingeplante Neuverschuldung von rd. EUR 3,5 Mio. für 2016 kann vor diesem Hintergrund kein gangbarer Weg sein.

Nicht nachvollziehbar ist, dass in der aktuellen Situation sogar noch neue Ausgabenpositionen geschaffen werden sollten. Dieses war z. B. Gegenstand in den Ausschussberatungen wie der gemeinsame Antrag von SPD und Grünen im Umweltausschuss für einen Klimaschutzmanager gezeigt hat. Auch wenn die Stelle mit 65 % durch den Bund bezuschusst werden sollte, so bleiben immer noch rd. EUR 42.000,00 in zwei Jahren an Kosten für die Stadt. Hinzu kommt die Frage, was nach Auslaufen der Förderung passieren soll. In der Vergangenheit ist es häufig so gewesen, daß zunächst durch Dritte geförderte Maßnahmen nach Ende der Bundesförderung durch die Stadt Halle weitergeführt und sogar ausgebaut wurden. Bestes Beispiel ist hier die Schulsozialarbeit. Eine solche Verfahrensweise mochte bei den Etats der vergangenen Jahre auch noch angemessen sein Angesichts der aktuellen Etatsituation und der Entwicklung in den nächsten Jahren muss dieses Vorgehen für die kommenden Jahre abgelehnt werden.

Auch an Lieblingsprojekten von SPD und Grünen wird weiter festgehalten. Für das Nahmobilitätskonzept sind in 2017 und den Folgejahren bis 2020 insgesamt mindestens EUR 400.000,0 eingeplant worden. Und dabei ist nicht sicher, ob das ausreicht. Insbesondere wenn die durch die FDP abgelehnte flächendeckende Ausweisung von Tempo 30-Zonen wirklich kommen sollte, ist mit weiteren Kosten zu rechnen, deren Höhe sich derzeit noch nicht absehen läßt. Daß die Bürger für eine solche Reform am Ende das erforderliche Verständnis aufbringen, wenn damit auch noch Kosten in Höhe von möglicherweise einem siebenstelligen Betrag verbunden sind, muss bezweifelt werden.

Aus Sicht der Liberalen ist es kein gangbarer Weg, wenn lediglich einzelne Ausgaben ausgesetzt werden wie z. B. der jährliche Zuschuss an die TWO in Höhe von EUR 447.000,00, der 2017 nicht gezahlt werden soll, dann aber wieder aufgenommen wird, ohne daß eine Perspektive für ein Auslaufen erkennbar ist. Auch das bewußt niedrige Ansetzen bestimmter Haushaltspositionen für 2017, ohne dauerhafte Ausgabenreduktion ist hier zu nennen. Hier werden Ausgaben lediglich in die Folgejahre verschoben.

Nach Auffassung der FDP ist in der aktuellen Lage ein umfassendes Paket von Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushalts erforderlich. Teil dieses Pakets muss eine gezielte Ausgabenkritik sein. Über zehn Jahre immer kräftiger sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen haben die Ausgaben wachsen lassen, ohne daß diese ernsthaft hinterfragt worden wären. Bei den freiwlligen Leistungen hätte sich zumindest ein Stopp zusätzlicher Ausgaben angeboten. Z. B. wurde bei den Förderungen Dritter (unter sonstige soziale Leistungen) u. a. wegen des Wegfalls der Kooperation mit der Diakonie bei der Flüchtlingsberatung der Ansatz dieser Position von EUR 151.100,00 auf EUR 85,000,00 zwar erheblich verringert. Der Rückgang wäre allerdings noch stärker ausgefallen, hätte man für 2017 nicht wieder neue Ausgaben aufgenommen, so daß ein Teil der Ersparnis kompensiert wurde. Daneben gibt es weitere Ansätze für Ausgabenreduktionen. Ob angesichts von Internet und Smartphone TEUR 9,0 für einen Veranstaltungskalender noch erforderlich sind, ist aus Sicht der Liberalen fraglich. Ebenso ist nicht ersichtlich, daß städtische Mittel für den Denkmalschutz über TEUR 3,0 angesichts der entfallenen Ko-Förderung des Landes einen nennenswerten Effekt erzielen können.

Als weiterer Teil eines Maßnahmenpakets gehört der in den vergangenen Jahren kräftig gewachsene Immobilienbestand auf den Prüfstand. Durch eine Reduktion lassen sich hier gleich mehrere Effekte erzielen. Zum einen wird durch Zuflüsse aus Verkäufen die ja ebenfalls angespannte Liquiditätslage der Stadt verbessert. Zum anderen können Unterhaltungskosten sowie Kosten zur Verwaltung der Immobilien eingespart werden. Zumindest die Immobilien, die nicht mit Flüchtlingen belegt sind und auch für die städtebauliche Entwicklung keine weitere Bedeutung entfalten, sollten dabei in den Blick genommen werden.

Darüber hinaus kommen noch weitere Ansätze in Frage, die zu Einsparungen führen. Hier sind als mögliche Punkte zu nennen:

– Kostenreduktion durch Zentrale Beschaffung mit anderen Kommunen
– Kostenreduktion durch Prüfung einer interkommunalen Zusammenarbeit beim Forderungs- und Gebäudemanagement
– Die von der Verwaltung gemachte Anregung für eine klare Regelung hinsichtlich der städtischen Zuschüsse wird von den Liberalen nachdrücklich unterstützt
– Umstellung auf eine Fremdreinigung städtischer Gebäude, da eigene städtische Reinigungskräfte nicht mehr zeitgemäß sind und private Anbieter hier bessere Angebote machen können

Darüber hinaus bedeutet ein Anwachsen von Bürokratie zusätzliche Kosten. Ein Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung. Schon die Erarbeitung verursacht Kosten. Erheblicher Aufwand resultiert dann aber vor allem aus der Überwachung der Umsetzung. Durch eine solche Satzung werden die Bürger in bürokratischer Weise gebunden, ohne daß dem ein wirklich nachhaltiger Nutzen in Form des Erhalts einer großen Zahl von Bäumen gegenübersteht.

Auch die verbesserte Etatsituation in den Jahren 2018 und 2019 aufgrund verringerter Aufwendungen an den Kreis ist kein Argument gegen ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Haushaltslage. Schließlich fallen die Gewerbesteuereinnahmen nach der aktuellen Prognose mit EUR 22,8 Mio. bzw. EUR 23,8 Mio., deutlich niedriger als noch im Etatentwurf 2016 veranschlagt aus, wo man für beide Jahre von EUR 31 Mio. und EUR 32 Mio. ausging. Für ein strukturelles Problem im Haushalt spricht auch der Umstand, daß wir 2017 bereits zum dritten Mal in Folge ein Defizit erwirtschaften werden, das einen Griff in die Ausgleichsrücklage erforderlich macht. Die Ausgleichsrücklage wird dadurch von einstmals ca. EUR 49 Mio. auf voraussichtlich rd. EUR 18 Mio. abgeschmolzen.